Pakka Gründer Ueli Baruffol - Schweizer Pionier auf dem globanen Nussmarkt
3 octobre, 2020 par
Pakka AG
 


INTERVIEW MIT BRUNO BÖTSCHI (BLUE - VORMALS BLUEWIN) - 3. OKTOBER 2020

«Meine Frau muss mich immer wieder bremsen»

Er machte fair gehandelte Bio-Nüsse in der Schweiz salonfähig. Ueli Baruffol, Gründer der Firma Pakka, über gewinnbringende Nachhaltigkeit, seine Vorbilder und warum seine Hyperaktivität manchmal zum Problem wird.

Pakka-Hauptsitz in Zürich, 11 Uhr morgens. Das Büro: elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mehrere Computer, viel Papier, noch mehr Nüsse. Eine Weltkarte an der Wand. Vom Sitzungszimmer geht der Blick zum Primetower.

Agronom Balz Strasser und Forstingenieur Ueli Baruffol gründeten zusammen vor 14 Jahren das Unternehmen Pakka. Zu Beginn handelten die beiden Freunde ausschliesslich mit Cashewkernen.

Sie kommen mit dem Schiff aus aller Welt. Die Pakka-Nüsse, die Kleinbauern in Indien, Pakistan, Georgien, Bolivien, Kenia, Palästina, der Elfenbeinküste, Kolumbien und China anbauen. Alle Produkte und Zutaten stammen aus biologischem Anbau und sind fair gehandelt.

Baruffol wurde 1975 in Männedorf geboren. Während seines Studiums als Forstingenieur an der ETH Zürich setzte er sich unter anderem mit Entwicklungszusammenarbeit auseinander und war in Ecuador in einem Projekt für die nachhaltige Bewirtschaftung des Gebirgsregenwaldes tätig.


2006 importierten die beiden Freunde Ueli Baruffol (Bild) und Balz Strasser den ersten Container mit indischen Cashews in die Schweiz – und starteten damit ihr eigenes Fair-Trade-Unternehmen rund um die Nuss.

Herr Baruffol, wir machen heute ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle Ihnen in den nächsten 45 Minuten möglichst viele Fragen – und Sie antworten möglichst schnell und spontan. Passt Ihnen eine Frage nicht, sagen Sie einfach ‹weiter›.

Okay.

Männedorf oder Bogotá?

Ich schätze beide Orte. In Männedorf lebe ich zusammen mit meiner Familie. Und in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens, konnte ich in den letzten Jahren viele spannende Projekte mit Kleinbauern realisieren. Kolumbien ist so etwas wie meine zweite Heimat, ein Teil meiner Verwandtschaft lebt dort.

Beatrice Egli oder Maluma?

Beide Namen sagen mir nichts.

Beatrice Egli ist die zurzeit erfolgreichste Schlagersängerin der Schweiz. Maluma ist ein kolumbianischer Reggaeton-Sänger, der kürzlich zusammen mit Madonna einige Songs aufgenommen hat.

Ach, jetzt klingelt es langsam – zumindest was Maluma angeht. Ich glaube, unsere Kinder hören seine Musik.

Geld verdienen oder Gutes tun?

Gutes tun. Dies kann allerdings nur nachhaltig sein, wenn man damit auch Geld verdient, sprich einen gewissen Erfolg erzielen kann.

Ihre Augenfarbe?

Braun

Ihr Intelligenzquotient?

Keine Ahnung.

Wie haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?

Mit 16 baute ich in einer Fabrik zwei Wochen lang Wasserfilter zusammen, die danach nach Afrika geliefert wurden.

Die Berufe Ihrer Eltern?

Der Vater Banker, die Mutter Krankenschwester.

Wann hat Ihnen zum letzten Mal jemand gesagt «Du dumme Nuss!»?

Ich spiele Tennis, da fallen auf dem Platz hin und wieder auch Kraftwörter.

Wer flucht mehr: Sie oder Ihre Gegner?

Es kommt vor, dass ich mich nach einem blöden Fehler selber beleidige.

Nüsse hatten bis vor einigen Jahren kein gutes Image. Wieso eigentlich?

Das weiss ich, ehrlich gesagt, auch nicht. In unserer Familie wurden schon immer viel Nüsse gegessen. Meine Mutter war und ist eine Anhängerin von Max Bircher-Benner, dem Entwickler des Birchermüslis. Ich sehe immer noch das Bild vor mir, wie ich als Knirps auf dem Dreirad sitze und sie mir ein Glas – gefüllt mit Haselnüssen, Cashewkernen und Mandeln –, zum Zvieri in die Hand drückt, während die anderen Kinder ein Weggli mit einem Schoggistängli essen.

Hatten Sie keine Lust auf Schoggi?

Doch – in der Hoffnung, auch einmal Stück Schoggi abzubekommen, ass ich deshalb öfters bei meinen Freunden Zvieri.

Und wie ist es heute: Essen Ihre Kinder Nüsse zum Zvieri?

Ja.

Und was essen die Freundinnen und Freunde Ihre Kinder?

Ebenfalls Nüsse (lacht).


Ueli Baruffol: «In unserer Familie wurden schon immer viel Nüsse gegessen. Meine Mutter war und ist eine Anhängerin von Max Bircher-Benner, dem Entwickler des Birchermüslis.»

Vor ein paar Jahren beruhigte eine US-amerikanische Studie die Konsumentinnen und Konsumenten: Erdnüsse hatten zu Unrecht einen schlechten Ruf. Man muss sie einfach mit Mass geniessen.

Lebensmittel sollten grundsätzlich mit Mass genossen werden. Erdnüsse waren vor allem deshalb umstritten, weil sie ein relativ hohes Allergie-Potential haben.

Laut der Europäischen Stiftung für Allergieforschung leiden 1,4 Prozent der Europäerinnen und Europäer unter einer Nussallergie. Ist das im Vergleich zu anderen Lebensmitteln viel oder wenig?

Das weiss ich nicht. Was ich hingegen weiss, ist, dass die Erdnuss die Nuss mit dem höchsten Allergie-Potential ist. Cashewkerne hingegen, also jenes Produkt, das wir mit Abstand am meisten verkaufen, löst kaum Allergien aus.

Das Wort «Pakka» heisst auf Hindi soviel wie «gut gemacht»…

… gut, solide, integer.

Was haben Sie heute schon alles gut gemacht?

Ich bin früh aufgestanden, mit dem Zug ins Büro gefahren und habe mich bis jetzt ziemlich gesund ernährt.

Was haben Sie heute weniger gut gemacht?

Kaum im Büro angekommen, verdrückte ich ein ganzes Päckli Schoggimandeln. Ich fühlte mich etwas energielos.

Warum das denn?

Gestern Abend spielte ich drei Stunden Tennis. Das hat viel Substanz gekostet.

2006 gründeten Sie zusammen mit Balz Strasser die Firma Pakka. Seither importieren Sie Nüsse, Trockenfrüchte und Gewürze aus biologischem Anbau und fairem Handel in die Schweiz. Wie fing eigentlich alles an?

Ich komme aus einer Familie, in der Unternehmertum immer ein Thema war. Als Kind verstand ich zwar meistens nur Bahnhof, wenn meine Eltern am Mittagstisch darüber sprachen, irgendwann jedoch realisierte ich, um was es ging und war rasch fasziniert davon. Als Balz Strasser Jahre später mit der Idee auf mich zukam, wir sollten Cashewnüsse von indischen Kleinbauern in die Schweiz importieren, war ich deshalb schnell Feuer und Flamme für seine Idee. Lebensmittel interessierten mich schon immer, genauso wie Nachhaltigkeit. Mit Nüssen hatte ich bis dahin allerdings, ausser Mutters Zvieri, nicht viel am Hut. Aber ich hatte Lust darauf etwas Eigenes aufzubauen. Und ich war geprägt von einem Aufenthalt in Ecuador, während dem ich 1999 mehrere Monate in einem Projekt für die nachhaltige Bewirtschaftung des Gebirgsregenwaldes tätig war. Spannend fand ich damals insbesondere, dass das NGO zusammen mit Bauern lokale Unternehmungen aufbauten und so für Nachhaltigkeit sorgten.

Wie hielten Ihre Eltern von Ihrer Geschäftsidee?

Sie haben uns von Anfang an unterstützt, auch finanziell. Offenbar haben Balz und ich ihnen unsere Idee gut verkauft.

Welches Kompliment Ihres Vaters Ihre Arbeit betreffend, werden Sie nie vergessen?

An ein konkretes Lob erinnere ich mich gerade nicht. Ich habe jedoch seitens meiner Eltern immer viel Wertschätzung erfahren. Ich denke, sie sind stolz darauf, was wir bisher mit der Firma Pakka erreicht haben.

Gehört zum Look eines Unternehmers, dem Nachhaltigkeit wichtig ist, dass man ein bisschen arm aussieht?

Nein, finde ich nicht.

Wie viel Anzüge besitzen Sie?

Ich habe zwei Anzüge daheim im Schrank hängen. Beide habe ich schon mehr als 20 Jahre nicht mehr getragen.

Wieso haben Sie die Anzüge gekauft?

Nach dem Studium war ich kurzzeitig in einem Forschungsinstitut tätig, danach arbeitete ich zwei Jahre in einer Consultingfirma. Während diese Zeit musste ich hin und wieder einen Anzug tragen.


Ueli Baruffol: «Ich hatte Lust darauf etwas Eigenes aufzubauen. Und ich war geprägt von einem Aufenthalt in Ecuador, während dem ich 1999 mehrere Monate in einem Projekt für die nachhaltige Bewirtschaftung des Gebirgsregenwaldes tätig war.»

Ihr Vorbild?

Geschäftlich sind Tomy und Seepja Mathew, unsere indischen Exportpartner der ersten Stunde, meine Vorbilder.

Warum sind Mathews Ihre Vorbilder?

Die Mathews sind total intelligente Menschen und sehr sozial eingestellt. Egal, ob Tomy mit einer Kleinbauern-Kooperation zusammenarbeitet oder ob er vor dem EU-Parlament spricht, es geht ihm immer um die Sache. Tomy ist ein wunderbarer Vernetzer, ist aber gleichzeitig ein bescheidener Mensch geblieben. Wer ihn kennenlernt, ist beeindruckt von der Energie dieses zierlichen Mannes. «Dignity instead of charity» beziehungsweise «Würde statt Wohltätigkeit», sagt er und dafür steht er auch ein. Trotz ihres Erfolges leben die Mathews mit ihren beiden Töchtern bis heute in einer kleinen Dreizimmerwohnung.

Haben Sie noch andere Vorbilder?

Im Sport ist es Roger Federer. Und ich bin Fan von meiner Tante Verena Baruffol, die mit ihrer Stiftung in Kolumbien auch vielen einfachen Leuten von der Strasse eine Zukunft gegeben hat. Sie hat im Zentrum von Bogotá mit ihrer Stiftung Fulfesh drei Projekte aufgebaut, mit dem Ziel alternative Wirtschaftsmodelle im Kollektiv-Modus respektive als Genossenschaft zu betreiben. Ihr Ansatz ist sehr sozial und überhaupt nicht gewinnorientiert. Die Stiftung führt heute ein Kulturzentrum, ein Hostel und ein Restaurant.

Von 2018 bis 2019 lebten Sie mit Ihrer Frau Daniela und Ihren Kindern in Kolumbien. Was erhoffen Sie sich von Reisen?

Pakka engagiert sich in Kolumbien aktuell an drei Unternehmungen. Seit längerer Zeit sind wir bei einem Bio-Trockenfrüchte-Projekt beteiligt. 2012 gründete ich persönlich eine Firma mit dem Ziel, die erste kolumbianische Bio-Schoggi aus lokalen Zutaten herzustellen. Zudem habe ich vor zwei Jahren mit einem Geschäftspartner in einer der ärmsten Regionen des Landes eine Farm für Bio-Erdnüsse und ein Projekt für Bio-Cashewnüsse lanciert. In den letzten Jahren bin ich deshalb jedes Jahr mehrmals hin- und hergereist. Nachdem wir in der Schoggifirma einen Wechsel in der Geschäftsleitung hatten, entschied ich mich, das Projekt eine Zeit lang näher zu begleiten. Zudem wollte ich und meine Frau, dass unsere Kinder eine andere Kultur kennenlernen können.

Kolumbien gilt als Hochburg des Drogengeschäftes …

Das stimmt, aber gleichzeitig ist Kolumbien ein wunderbares Land mit tollen Menschen, Landschaften und einem enorm grossen Potential.

Potential für was genau?

Für ganz unterschiedliche Dinge – mich persönlich interessiert am meisten das Potential der Landwirtschaft. In Kolumbien gibt es gigantisch grosse Flächen, die wegen den diversen Konflikten im Land jahrzehntelang nicht bewirtschaftet worden sind.

Was erhoffen Sie sich sonst vom Reisen?

Entspannung – allerdings bin ich schon länger nicht mehr als normaler Tourist unterwegs, sondern besuche während meinen Reisen vor allem spannende Nussprojekte.

Stinkt es Ihren Kindern nicht, wenn der Vater auch in den Ferien ständig arbeitet?

Mit der Familie mache ich natürlich auch noch sogenannt normale Ferien. Weil ich geschäftlich oft im Ausland bin, bleiben wir dann meistens in der Schweiz – zum Missfallen unserer Kinder. Letzthin meinte unsere Tochter, sie würde gerne wieder einmal das Meer sehen.

Und? Sind Sie hingefahren?

Ja.

Haben Sie ein Reiseritual?

Kein Ritual, aber eine Tradition: Unsere Familie macht seit 40 Jahren Skiferien in Brigels im Bündnerland.

Haben Sie schon eine Auswanderung erwogen?

Ich könnte mir vorstellen, nochmals ein Jahr zusammen mit der Familie im Ausland zu verbringen. Worauf meine Frau und ich später Lust haben werden, also wenn die Kinder erwachsen sind, kann ich heute noch nicht sagen.


Ueli Baruffol: «Egal, ob Tomy Mathews (Dritter von rechts) mit einer Kleinbauern-Kooperation zusammenarbeitet oder ob er vor dem EU-Parlament spricht, es geht ihm immer um die Sache. Tomy ist ein wunderbarer Vernetzer, ist aber gleichzeitig ein bescheidener Mensch geblieben.»

Wenn Sie sich im Ausland aufhalten und Schweizerinnen oder Schweizer treffen: Befällt Sie dann Heimweh oder dann gerade nicht?

Heimweh habe ich nicht, ich vermisse aber auf den längeren Reisen meine Familie.

Welche Lebensmittel aus der Schweiz essen Sie, um sich in der Welt geborgener zu fühlen?

Ich liebe dunkle Schokolade und esse gerne rezenten Emmentaler.

Wie werden Ihre Nüsse, Trockenfrüchte und Gewürze in die Schweiz geliefert?

Mit Schiffen.

Wer viel reist, hat einen schlechten ökologischen Fussabdruck. Haben Sie deshalb ein schlechtes Gewissen?

Nein, das habe ich nicht. Meine Reisetätigkeit hat mit meiner Funktion innerhalb der Firma zu tun. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass wir mit unseren Projekten den firmeninternen CO2-Verbrauch mehr als kompensieren. Aktuell pflanzen wir zum Beispiel jedes Jahr in Kolumbien auf 300 Hektaren Cashewbäume an.

Die Corona-Pandemie sorgt seit Monaten dafür, dass Reisen nur noch beschränkt möglich sind. Wie hat das Virus Ihr Geschäft sonst noch beeinflusst?

Während des Lockdowns ist unser Gastonomie-Umsatz fast komplett eingebrochen. Zum Glück konnten wir diese Einbussen über den Detailhandel grösstenteils kompensieren.

Wird die Pandemie unsere Gesellschaft verändern? Und wenn ja, wie?

Ich bin überzeugt, dass die Menschen ihr Konsumverhalten künftig genauer überdenken werden. In den letzten Wochen und Monaten haben viele Schweizerinnen und Schweizer erkannt, dass unser Land auch ein wunderbares Ferienland ist. Es ist nicht nötig, für Ferien immer in den Flieger zu steigen. Andererseits sorgt das Coronavirus dafür, dass viele Menschen heute mehr Angst haben. Ich hoffe, dass dieses Unwohlsein in den kommenden Jahren nicht zu stark lähmend auf die Gesellschaft wirkt.

Haben Sie die Covid-19-App heruntergeladen?

Ja

Und aktiviert?

Natürlich.

Spontan, wie geht es der Würde des Menschen im Herbst 2020?

Mit dem Coronavirus hatten alle Menschen plötzlich einen gemeinsamen Feind. Das hat viele Probleme zur Folge, aber gleichzeitig sorgte die Pandemie auch für mehr gegenseitiges Verständnis. Ich lasse mir trotz aller Schwierigkeiten in den vergangenen Monaten meine positive Lebenseinstellung nicht nehmen.

Wovor fürchten Sie sich am meisten?

Ich bin ein Mensch, der oft und gerne mehrere Dinge gleichzeitig tut. Diese Charaktereigenschaft sorgt manchmal dafür, dass ich meine Mitmenschen unnötig stresse – nicht zuletzt meine Frau und meine Kinder. Meine Frau muss mich deshalb immer mal wieder bremsen, obwohl sie eigentlich super findet, was ich mache. Ich hoffe, dass ich künftig meinen Hyperaktivismus etwas zügeln kann und weniger Stress im meinem Umfeld generieren werde.

Vielleicht sollten Sie hin und wieder eine Ritalin-Pille schlucken.

Mir reicht Tennisspielen als Ablenkung (lacht).

Wann zuletzt über die eigene Ahnungslosigkeit gefreut?

Unsere Kinder sind 10, 12 und 15 Jahre alt. Ich finde es wunderbar zusehen zu können, wie sie immer selbständiger werden. Es ist cool, dass sie mir immer öfter Dinge erklären, von denen ich keine Ahnung habe.

Sind Sie für ein bedingungslose Grundeinkommen?

Eine spannende Idee. Ich denke, wir sollten sie einmal testen.

Sie arbeiten mit Produzenten in Indien, Afrika und Südamerika. Sind Sie mehr Entwicklungshelfer oder knallharter Manager?

Ich würde sagen, ich stehe in der Mitte.

Wäre die Welt eine bessere, wenn alle Unternehmen so arbeiten würden, wie es Pakka tut?

Ich habe Mühe damit, unsere eigenen geschäftlichen Tätigkeiten in den Himmel zu loben. Grundsätzlich möchten wir das tun, was wir für gut und richtig empfinden. Anderen Firmen vorzuschreiben, wie sie ihr Geschäft betreiben sollten, ist hingegen nicht unser Ziel. Wenn allerdings jemand findet, Pakka betreibe ein gutes und nachhaltiges Geschäft, dann freut uns das.

Es ist für den Laien nicht leicht, sich in der Welt der zahllosen Gütesiegel und Labels zurechtzufinden. Haben Sie einen konkreten Tipp, der es einem einfacher machen könnte?

In der Schweiz ist es relativ einfach: Bei Produkten, die mit dem «Max Havelaar»-Label gekennzeichnet sind, kann man davon ausgesehen, dass die Produktion fair produziert wurden, gleiches gilt für das Label von «Bio Suisse» bei den Bio-Zertifikaten.


Ueli Baruffol: «Anderen Firmen vorzuschreiben, wie sie ihr Geschäft betreiben sollten, ist nicht unser Ziel. Wenn allerdings jemand findet, Pakka betreibe ein gutes und nachhaltiges Geschäft, dann freut uns das.»

Können Sie hier und heute mal bitte eine schockierend fortschrittliche Aussage zum Thema «Nachhaltigkeit» machen?

Heute wundern wir uns das es mal eine Zeit gab, in der die Frauen nicht abstimmen konnten. Ich glaube in 50 Jahren – also im 2070 – werden wir uns wundern, wie es möglich war im 2020 noch so viele Ressourcen zu verbrauchen dass der «Globale Erdüberlastungs-Tag», der Tag an dem die Menschen die nachhaltig nutzbaren Ressourcen der Welt für das laufende Jahr verbraucht haben, bereits auf den 22. August fiel. Und dass beispielsweise unsere Mobilität noch auf der Verbrennung von fossilen Rohstoffen basiert war, wo es doch auch Emissions-Neutral geht.

Essen Sie jeden Tag Nüsse?

Praktisch jeden – meistens Cashewkerne.

Demnach ist das Ihre Lieblingsnuss?

Ja und nein – in letzter Zeit esse ich auch oft pakistanische Mandeln. Ich mag deren Würzigkeit.

Gibt es Nüsse, die Sie überhaupt nicht mögen?

Walnüsse esse ich höchst selten.

Walnüsse sehen dem Gehirn ähnlich? Zufall oder Wink mit dem Zaunpfahl?

Bezieht sich dieser Hinweis auf Ihre Frage nach meinem Intelligenzquotienten am Anfang unseres Gespräches? (lacht) Und ernsthaft: Ich kann Ihnen nicht sagen, warum ich wenig Walnüsse esse. Hauptgrund wird sein, dass wir keine Walnüsse im Angebot haben.

Verraten Sie Ihr Lieblings-Nussrezept?

Ich esse sie am Liebsten natur.

Was steht immer in Ihrem Kühlschrank?

Reismilch, rezenter Gruyère, Emmentaler und Butter. Unsere Familie isst sehr viel Butter.

Ich nenne Ihnen drei Ueli-Baruffol-Sätze, die ich in den Medien gefunden haben, und Sie sagen, was sie bedeuten: «Man kann schliesslich nur glaubwürdig auf Nachhaltigkeit setzen, wenn man dabei auch an sich selbst und die Familie denkt.»

Wer heute nachhaltig ist, beeinflusst die Zukunft – also die Welt unserer Kinder und Kindeskinder. Ich hoffe, dass ich durch meine geschäftliche Tätigkeit einen konkreten Beitrag, wenn auch nur einen kleinen, für eine bessere Welt leisten kann.

«Die Leute sollen unsere Nüsse kaufen, weil sie sich etwas Feines gönnen wollen und nicht nur, weil sie Gutes tun möchten.»

So ist es. Wir wollen nur Bioprodukte verkaufen, die gut schmecken und qualitativ hochstehend sind. Wir möchten den Leuten zeigen, dass gute Qualität, Bio und Fair Trade zusammengehören.

«Eine grosse Illusion in der Fairtrade-Bewegung ist aber, dass die Nuss direkt vom lokalen Bauern zum Schweizer Konsumenten geht. In Tat und Wahrheit stehen komplexe wirtschaftliche Abläufe dazwischen.»

NGO wollen oft, dass die Bauern den Verkauf ihrer Produkte selber übernehmen. Meiner Ansicht nach ist das ein illusorisches Ziel. Es ist eminent wichtig, den Bauern zu zeigen, wie sie Nüsse von besserer Qualität anbauen und wie sie ihre Produkte zertifizieren lassen und dass sie allenfalls auch einen ersten Arbeitsschritt wie das Trocknen der Nüsse übernehmen können. Die Vermarktung danach muss jedoch ein lokales Unternehmen übernehmen, hinter dem ein Unternehmer steht, welcher sich auf den Verkauf spezialisiert hat – und genau in solche Firmen investieren wir. Ich zumindest habe noch nie erlebt, dass ein Bauernkooperation von Beginn an die gesamte Businessfunktionen übernehmen kann. Das ist ein langer Prozess.

Was fürchten Sie mehr: das Urteil eines Freundes oder das Urteil von einem Feind?

Es ist hart, wenn ein Freund einem kritisiert und dann auch noch recht hat mit der Kritik. Bei einem Feind hingegen ist die Chance gross, dass er nur Kritik übt, weil er einem etwas Schlechtes nachsagen will.

Welche Hoffnung haben Sie aufgegeben?

Die Hoffnung, dass Veränderungsprozesse schnell und flexibel passieren, musste ich schon öfters begraben. Demokratische Abläufe sind wichtig und spannend, aber sie brauchen halt auch viel Zeit. Ich muss gestehen, als Unternehmer würde ich oft schneller vorwärts gehen wollen – aber gleichzeitig ist mir klar, dass das nicht funktionieren würde. Nicht zuletzt auch deshalb, weil wir unseren Partnern nicht vorschreiben wollen, wie sie ihr Geschäft führen sollen.

Beneiden Sie manchmal Tiere, die ohne Hoffnung auszukommen scheinen?

Als wir Pakka gegründet haben und es anfänglich nicht so schnell vorwärts ging, wie wir geplant hatten, dachte ich manchmal: Ach, wäre ich doch ein Goldfisch, dann hätte ich all diese Probleme nicht. Mittlerweile habe ich aber gelernt, auch jene Herausforderungen zu schätzen, die viel Zeit beanspruchen, bevor daraus ein Erfolg werden kann.

Ihr Lieblingstier?

Elefant – als Kind sammelte ich Modelle aus allen möglichen Materialien. Warum ich das tat, weiss ich nicht mehr.

Gibt es die Sammlung noch?

Ja, im Keller in einer Schachtel.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?

Ein Thriller… sorry, sein Name ist mir gerade entfallen. Ich lese oft am Abend im Bett.


Ueli Baruffol: «Als wir Pakka gegründet haben und es anfänglich nicht so schnell vorwärts ging, wie wir geplant hatten, dachte ich manchmal: Ach, wäre ich doch ein Goldfisch, dann hätte ich all diese Probleme nicht.»

Ihre letzte Demo?

Ich bin kein Mensch, der auf Demos geht.

So grundsätzlich: Sind junge Menschen klüger als alte?

Meine Hoffnung ist, dass sich die Menschheit von Generation zu Generation weiterentwickelt. Ich gehe deshalb davon aus respektive hoffe darauf, dass die nachfolgende Generation intelligenter ist als meine.

Müssen Kinder lernen wie Jeff Bezos von Amazon und Elon Musk von Tesla zu denken?

Überhaupt nicht. Bezos und Musk sind zwei Unternehmer, die in ihren Bereichen erfolgreich sind. Deswegen heisst das aber noch lange nicht, dass andere Menschen auch so denken sollten. Jeder Mensch startet mit einer anderen Ausgangslage ins Leben, jeder Mensch hat andere Interesse. Meiner Meinung nach, muss ein Mensch nicht lernen, wie andere ticken oder draufhaben, sondern wichtiger ist, dass jede und jeder herausfindet, wer sie oder er ist und was man daraus machen will.

Sind Sie stolz darauf Vater zu sein?

Ja.

Möchten Sie Ihre Frau sein?

Nein (lacht).

Glauben Sie an Gott?

Ich glaube an das Leben, an die Liebe und bin davon überzeugt, dass es eine positive Energie gibt. Wie die man die benennen will, überlasse ich jeder und jedem selber.

Pierre Maudet, Mario Fehr, Christoph Blocher – welcher Politiker ist eigentlich kein Blödmann?

Weiter.

Welchem Sozi würden Sie gerne mal ‹einen Ging ins Füdli› geben?

Weiter.

Welchen grünen Politiker würden Sie gerne mal schubsen?

Ich finde, die Politik in der Schweiz funktioniert gut. Wenn ich hin und wieder sehe, über welche sogenannten Probleme wir zuweilen ausufernd diskutieren, muss ich jeweils an eine Geschichte denken, die mir ein Kollege aus Guatemala erzählt hat. Er arbeitete während drei Jahren in Genf bei einer internationalen Organisation. Als er eines Tages die Zeitung las, wurde auf der Frontseite über das Budget der Oper diskutiert. Damals entschied er sich, die Schweiz wieder zu verlassen.

Warum das?

Der Kollege meinte, ein Land könne keine wirklichen Probleme haben, wenn auf der Front der Zeitung über das Budget der Oper berichtet werde. Er aber wolle lieber an einem Ort tätig sein, wo es Probleme gebe und er mithelfen können, um für Veränderungen zu sorgen.

Die schönste Schlägerei in Ihrem Leben?

Als Kind haben wir uns ab und zu aufs Dach gegeben, später nie mehr.

Wofür geben Sie unnötig viel Geld aus?

Für Biofood gebe ich viel Geld aus.

Was fehlt Ihnen zum Glück?

Es ist bald 12 Uhr … das Mittagessen (lacht).

Überzeugt Sie Ihre Selbstkritik?

Ja, ich hinterfrage mich regelmässig. Und ich bin auch offen für Kritik von meinem Mitarbeitenden. Ich finde es wichtig, dass in unserem Unternehmen jede und jeder seine Meinung offen sagen kann.

Wem wären Sie lieber nicht begegnet?

Dazu fällt mir kein Name ein.

Auf dem Streamingportal Amazon Prime läuft aktuell die Serie «Upload». Kurz die Geschichte dahinter: Menschen können ihr Bewusstsein am Ende ihres Lebens in einer wunderbar virtuellen Welt hochladen oder sterben. Wenn es das in Wirklichkeit gäbe, würden Sie sich hochladen lassen oder sterben wollen?

Ich denke, ich würde es ausprobieren wollen und mein Bewusstsein hochladen lassen. Mit einer Einschränkung allerdings: Falls es mir in der virtuellen Welt nicht gefallen würde, möchte ich meine Daten wieder löschen können.

Hoffen Sie auf ein Jenseits?

Nein. Ich denke, jeder Mensch dreht eine Runde auf der Welt. Schön wäre es, wenn alle dabei etwas Gutes zurücklassen können.